Aufbruch Stuttgart e. V. – die unabhängige Bürgerbewegung für die Stadt der Zukunft – für eine Stadt, von der wir träumen.

WEG MIT CRANKO?! – DIE REAKTION VON THOMAS KOCH, DIREKTOR FÜR STRATEGISCHE KOMMUNIKATION AN DER STAATSOPER STUTTGART

Lieber Thomas Rossmann,

um die Mitglieder von Aufbruch Stuttgart umfassend zu informieren, bitte ich Sie, ihnen folgende Nachricht zukommen zu lassen:

Sehr geehrte Mitglieder von Aufbruch Stuttgart,

der am 28.06.2023 von Ihrem Vorstandsvorsitzenden an die Stuttgarter Lokalpresse verschickte Brief mit der Überschrift „Weg mit Cranko?!“ enthält zahlreiche unfundierte Annahmen und korrekturbedürftige Aussagen, zu denen ich wie folgt Stellung nehme:
Der Einbau einer Kreuzbühne in das Opernhaus ist notwendig, um das Theatergebäude in seiner Funktion als Spielstätte für die Staatsoper Stuttgart und Das Stuttgarter Ballett zukunftsfähig zu machen. Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart hat nach eingehender Prüfung am 28. Juli 2021 mit einem Grundsatzbeschluss die Weichen für die Sanierung, Modernisierung und Erweiterung des Littmann‐Baus inklusive Kreuzbühne gestellt.

Tamas Detrich, der Intendant des Stuttgarter Balletts, hält den Einbau einer Kreuzbühne für unverzichtbar. Diese würde die Gestaltung des Spielplans erheblich erleichtern und dem Stuttgarter Ballett erlauben mehr Vorstellungen zu absolvieren. Ein klarer Gewinn für das Publikum!
Viktor Schoner, Intendant der Staatsoper Stuttgart, kennt viele Opernhäuser, in denen es keine Kreuzbühne gibt, dafür aber vergleichbare Flächen, die diese Aufgaben übernehmen. Im Stuttgarter Opernhaus ist diese Funktionalität aber nur mittels einer Kreuzbühne zu erreichen.
Für eine Kreuzbühne fehlt im jetzigen Zustand des Littmann-Baus ein Teil des dafür erforderlichen Raums. Im Zuge der Sanierung soll daher auf einer Breite von 16 Metern der Mittelrisalit auf der Südseite um zweieinhalb Meter in Richtung Landtag erweitert werden. Durch diese Maßnahme wäre nicht nur der Einbau einer Kreuzbühne möglich. Der Littmann-Bau erhielte durch die Südflügelverlängerung auch seine natürliche Symmetrie zurück, die durch den Einbau der obligatorischen königlichen Kutschenvorfahrt von 1912 verloren gegangen war.  Südflügel und Nordflügel wären so wieder ins Gleichgewicht gebracht.

Wie mit dem Walter-Erich-Schäfer Ballettsaal im Zuge der Sanierung umgegangen wird ist ebenso eine Aufgabe des Architektenwettbewerbs für den Standort am Oberen Schlossgarten wie die weitere Nutzung des von Gottfried Böhm erbauten Pavillons für die Pausenbewirtung im Innenhof der Staatstheater.

Es wäre für alle Akteure und Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt hilfreich, wenn der Verein Aufbruch Stuttgart zukünftig dafür Sorge tragen würde, Mutmaßungen und Behauptungen vor deren Veröffentlichung auf ihre Richtigkeit in der Sache zu überprüfen.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Koch
Direktor Strategische Kommunikation
Staatsoper Stuttgart / Württembergische Staatstheater Stuttgart

 

Liebe Mitstreiterin, lieber Mitstreiter,

der Direktor Strategische Kommunikation, Staatsoper Stuttgart / Württembergische Staatstheater Stuttgart, unser Mitglied Thomas Koch, hat mit einer Stellungnahme – siehe im Folgenden –
auf die Pressemitteilung/den Mitgliederbrief von Aufbruch Stuttgart vom 28. 6. 2023 („Weg mit Cranko?“) reagiert und gebeten, diese den Mitgliedern des Vereins zukommen zu lassen.

Aufbruch kommt dieser Bitte hiermit nach, bleibt aber bei seiner ablehnenden Position zur geplanten Kreuzbühne.

Zugleich weist der Verein die Behauptung der Theaterleitung zurück, Mutmaßungen in die Welt zu setzen, die nicht auf ihre Richtigkeit geprüft worden seien.

Sachlich falsch ist auch die Darstellung der Direktion, mit der Erweiterung durch eine Kreuzbühne würde Littmanns Opernhaus verbessert, indem eine „verloren gegangene Symmetrie“ wieder hergestellt würde. Fakt ist, dass das Gebäude von seinem Architekten genauso geplant war, wie es heute dasteht.

Bildquelle:
Littmann, Max
Die königlichen Hoftheater in Stuttgart
Darmstadt, Koch 1912

WEG MIT CRANKO?!

Durch den Einbau einer Kreuzbühne droht der Oper eine Vernichtungsorgie

„Spuren“ heißt das letzte Stück von John Cranko. Zum 50. Todestag des legendären Stuttgarter Ballettdirektors war es gerade in einer rekonstruierten Fassung auf der Bühne in Stuttgart zu sehen. Spurlos verschwinden soll dagegen der Ballettsaal, in dem Cranko seine Ballette choreographierte: Ein Opfer der geplanten Kreuzbühne, die im Zuge der Opernsanierung eingebaut werden soll.

Tamas Detrich, der heutige Ballettdirektor, kämpft für den Erhalt des Saals, wie er in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ sagte, „denn in diesem Studio ist der Geist Crankos präsent und es ist wichtig für die Geschichte des Stuttgarter Balletts“.

Spätestens mit dieser Äußerung ist die Behauptung von Intendanz, Verwaltungsrat und Politik vom Tisch, dass es sich bei der Kreuzbühne und der damit verbundenen Verschiebung der Opernhausfassade in Richtung Landtag quasi um einen minimalinvasiven Eingriff handle. Die Veränderung werde hinterher praktisch kaum zu sehen sein, bekommen Fachleute, die diese Pläne kritisieren, immer wieder zu hören.

Darum noch einmal im Klartext: Aufbruch Stuttgart hält die Sanierung nicht nur für wünschenswert, sondern für dringend geboten. Die Bürgerinitiative ist – anders als kolportiert wird – für die Sanierung, kritisiert aber die Umbaupläne in der vorliegenden Form. Eine Kreuzbühne erhöht die ohnehin astronomischen Sanierungs- und Umbaukosten, bringt aber weder funktional noch künstlerisch Verbesserungen. (Die sechs Auszeichnungen der Stuttgarter Oper als „Opernhaus des Jahres“ stammen allesamt aus kreuzbühnenfreien Zeiten.)

Schlimmer noch: Für eine unnütze Kreuzbühne, die der Ballettintendant Tamas Detrich in Zweifel zieht und der Opernintendant Viktor Schoner hinter vorgehaltener Hand als verzichtbar bezeichnet, wird die eigene Kulturgeschichte vernichtet. Selbst vor größten Namen macht der technokratische Furor der Verantwortlichen nicht Halt. Denkmalschutz? Der hat im Zweifelsfall in Stuttgart noch kein Denkmal geschützt. Das Opernhaus des gefeierten Architekten Max Littmann, eines der schönsten Opernhäuser der Welt, wird durch den geplanten Umbau ebenso zerstört wie der Ballettsaal des großen John Cranko und – nicht zu vergessen – der Pausenpavillon von Gottfried Böhm, einem der größten deutschen Architekten des 20. Jahrhunderts und der erste deutsche Pritzker-Preisträger. Für diese Vernichtungsorgie gibt es nur einen Ausdruck: Barbarei!

Aufbruch Stuttgart e. V.

Weitere Informationen aus der Presse:

In_diesem_Studio_StN_24_25_06_2023

Bildquelle:
Littmann, Max
Die königlichen Hoftheater in Stuttgart
Darmstadt, Koch 1912