WEG MIT CRANKO?!

John Cranko Probensaal Staatstheater Stuttgart

Durch den Einbau einer Kreuzbühne droht der Oper eine Vernichtungsorgie

„Spuren“ heißt das letzte Stück von John Cranko. Zum 50. Todestag des legendären Stuttgarter Ballettdirektors war es gerade in einer rekonstruierten Fassung auf der Bühne in Stuttgart zu sehen. Spurlos verschwinden soll dagegen der Ballettsaal, in dem Cranko seine Ballette choreographierte: Ein Opfer der geplanten Kreuzbühne, die im Zuge der Opernsanierung eingebaut werden soll.

Tamas Detrich, der heutige Ballettdirektor, kämpft für den Erhalt des Saals, wie er in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung“ sagte, „denn in diesem Studio ist der Geist Crankos präsent und es ist wichtig für die Geschichte des Stuttgarter Balletts“.

Spätestens mit dieser Äußerung ist die Behauptung von Intendanz, Verwaltungsrat und Politik vom Tisch, dass es sich bei der Kreuzbühne und der damit verbundenen Verschiebung der Opernhausfassade in Richtung Landtag quasi um einen minimalinvasiven Eingriff handle. Die Veränderung werde hinterher praktisch kaum zu sehen sein, bekommen Fachleute, die diese Pläne kritisieren, immer wieder zu hören.

Darum noch einmal im Klartext: Aufbruch Stuttgart hält die Sanierung nicht nur für wünschenswert, sondern für dringend geboten. Die Bürgerinitiative ist – anders als kolportiert wird – für die Sanierung, kritisiert aber die Umbaupläne in der vorliegenden Form. Eine Kreuzbühne erhöht die ohnehin astronomischen Sanierungs- und Umbaukosten, bringt aber weder funktional noch künstlerisch Verbesserungen. (Die sechs Auszeichnungen der Stuttgarter Oper als „Opernhaus des Jahres“ stammen allesamt aus kreuzbühnenfreien Zeiten.)

Schlimmer noch: Für eine unnütze Kreuzbühne, die der Ballettintendant Tamas Detrich in Zweifel zieht und der Opernintendant Viktor Schoner hinter vorgehaltener Hand als verzichtbar bezeichnet, wird die eigene Kulturgeschichte vernichtet. Selbst vor größten Namen macht der technokratische Furor der Verantwortlichen nicht Halt. Denkmalschutz? Der hat im Zweifelsfall in Stuttgart noch kein Denkmal geschützt. Das Opernhaus des gefeierten Architekten Max Littmann, eines der schönsten Opernhäuser der Welt, wird durch den geplanten Umbau ebenso zerstört wie der Ballettsaal des großen John Cranko und – nicht zu vergessen – der Pausenpavillon von Gottfried Böhm, einem der größten deutschen Architekten des 20. Jahrhunderts und der erste deutsche Pritzker-Preisträger. Für diese Vernichtungsorgie gibt es nur einen Ausdruck: Barbarei!

Aufbruch Stuttgart e. V.

Weitere Informationen aus der Presse:

In_diesem_Studio_StN_24_25_06_2023

Bildquelle:
Littmann, Max
Die königlichen Hoftheater in Stuttgart
Darmstadt, Koch 1912