OPERNSANIERUNG – Ja, aber billiger und besser! Mehr über den Abend

Stadtplan mit Staatsoper von Stuttgart

Veranstaltung von Aufbruch Stuttgart e. V. und Schwäbischem Heimatbund e. V. im Haus der Architekten am 24. November 2022

Es gibt vielfältige Kritik an der geplanten Sanierung des Stuttgarter Opernhauses. Sie richtet sich sowohl gegen die hohen Kosten des Projektes als auch gegen die Form der Bürgerbeteiligung und insbesondere auch gegen die Zerstörung des Littmann-Baus durch den Einbau einer Kreuzbühne.

Aus diesen Gründen haben Aufbruch Stuttgart e. V. und Schwäbischer Heimatbund e. V.  am 24. November 2022 gemeinsam zu einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung im Haus der Architekten eingeladen. Vortragsredner waren Eike Möller, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg e. V., und der Architekt und Experte für die Sanierung wertvoller historischer Bausubstanz, Ludwig Coulin.

Bürgerbeteiligung/Kosten

Der Bund der Steuerzahler kritisiert ebenso wie einige andere Stimmen (etwa der Hauseigentümerverein Haus und Grund) das Votum des Opern-Bürgerforums als nicht repräsentativ. Die 56 Zufallsbürger, die für das Verfahren ausgewählt wurden, bildeten keine solide Grundlage für solch ein Votum, zumal sich die wirtschaftliche Lage seit dem Abschlussbericht des Forums im Dezember 2020 fundamental verändert habe.

Der Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg hat eine Civey-Umfrage unter 2000 Teilnehmern durchgeführt, die das Projekt überwiegend als überteuert bewerteten.

In der Diskussion wurde von einigen Besuchern die Seriosität der Civey-Erhebung bezweifelt, da diese ausschließlich online durchgeführt würde. Kritisiert wurden die Fragen auch als „suggestiv“, da die Teilnehmer die Höhe der Sanierungskosten von rund 1 Milliarde Euro bewerten sollten. Eike Möller bezeichnete die Umfrage als bewährtes Online-Instrument für Meinungs- und Marktforschung. Er ist überzeugt, dass das Ergebnis auch bei Umfragen anderer Institute ähnlich ausgefallen wäre.

Sanierung

Ludwig Coulin ist einer der besten Kenner des Stuttgarter Opernhauses und einer der versiertesten Praktiker im Umgang mit und der Sanierung herausragender Baudenkmale. Von 1979 bis 1994 war er in der Staatlichen Hochbauverwaltung Baden-Württemberg tätig, zuletzt als stellvertretender Amtsleiter des Staatlichen Hochbauamts Stuttgart I. Zuständig war er damals für die Leitung aller Planungen und Baumaßnahmen für die Württembergischen Staatstheater Stuttgart. Die Instandsetzung und Restaurierung des Stuttgarter Opernhauses von 1983/84, bei der die Originalausstattung der Innenräume von Max Littmann wiederhergestellt wurde, begleitete er als Architekt auf der Seite des Bauherrn. Von 1994 bis 2017 war Ludwig Coulin der höchste Baubeamte für die staatlichen Hochbauten in Dresden und Umgebung, zuständig für die Sanierungen der Dresdner Semperoper und des Staatsschauspiels, für die Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie für den Wiederaufbau des Residenzschlosses, der Hofkirche und des Zwingers in Dresden.

Coulin ist der Meinung, dass eine grundlegende Sanierung des Stuttgarter Opernhauses im Bestand und bei laufendem Betrieb möglich sei. Zwingend sei eine akribische, rund zweijährige Planung, Baubeginn könne dann 2025/26 sein. Noch in diesem Jahrzehnt kann die Oper im rundum sanierten Littmann-Bau und einem neuen, erweiterten Werkstatt-/Kulissengebäude ihren regulären Spielbetrieb seiner Ansicht nach wieder aufnehmen.

Ausdrücklich warnte der Architekt vor dem Einbau einer sogenannten Kreuzbühne. Die Gegebenheiten in Stuttgart ließen eine echte Kreuzbühne nicht zu, da die Anlieferung der Kulissen auch in Zukunft nur von einer Seite erfolgen könne. Coulin hält die Kreuzbühne für eine „Ausrede“. Die geplante Versetzung der südlichen Fassade zugunsten der Kreuzbühne werde das Baudenkmal, das der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth mit einem Zitat der Theaterlegende Max Reinhardt als das „schönste Theater der Welt“ bezeichnete, aber unwiederbringlich zerstören.

In der Diskussion gab es Befürworter der bisherigen Planung, die einen Auszug des Spielbetriebs und eine Interimsspielstätte bei den Wagenhallen vorsieht. Wenig Probleme haben diese Befürworter auch mit dem Abbruch des Risalits auf der Landtagsseite und der dahinter liegenden Räume zugunsten einer Kreuzbühne. Eine Mehrheit sah den Umgang mit dem Baudenkmal dagegen skeptisch. Die Bedürfnisse der Oper und des Balletts würden gegen die in hohem Maß schützenswerte Architektur des Littmann-Baus ausgespielt.

Martin Rivoir, Landtagsabgeordneter der SPD und Mitglied des Verwaltungsrats der Staatstheater Stuttgart, erklärte, die Politik habe die richtigen Beschlüsse für die Sanierung des Opernhauses gefasst. Die Versetzung des südlichen Mittelrisalits um sechs Meter Richtung Landtag betrachtet Rivoir als unproblematisch. Die historische Fassade bleibe erhalten, man werde nach dem Umbau keinen Unterschied zum heutigen Zustand erkennen.

Widersprüche

Offenbar kursieren unterschiedliche Zahlen um die Erweiterung des Littmann-Baus. Martin Rivoir spricht von einer Versetzung der Fassade um sechs Meter, die Zufallsbürger gehen von einer Verschiebung um 2,5 Meter aus (Interview in der StZ vom 26. 11. 2022). Man muss daher fragen, ob die Zustimmung des Opern-Bürgerforums zu den geplanten Eingriffen auf korrekten Informationen beruht oder ob die Planung von ganz anderen Zahlen ausgeht. Die Ergebnisse der Zufallsbürger-Beteiligung wären in einem solchen Fall unhaltbar.

Zu vernehmen ist auch, dass Viktor Schoner, der Stuttgarter Opernintendant, der am 24. November im Haus der Architekten anwesend war, sich aber nicht zu Wort gemeldet hat, in inoffiziellen Bemerkungen die Kreuzbühne für verzichtbar hält.

Sanierung ja – aber billiger und besser!

Abschließend bekannten sich sowohl der Schwäbische Heimatbund als auch Aufbruch Stuttgart ebenso wie der Bund der Steuerzahler zur Sanierung der Oper. Diese sei dringend erforderlich und so bald wie möglich in Angriff zu nehmen. Die Vereine setzen sich weiterhin für eine Sanierung ein, die den Belangen des Spielbetriebs gerecht wird, ohne das Baudenkmal Littmann-Bau durch irreversible Eingriffe zu zerstören und die Kosten in Milliardenhöhe zu treiben.

 

Links:

Begrüßungsrede von Albrecht Rittmann

Kurzvortrag von Eike Möller, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg

„Sind Kreuzbühne und Zwischenspielstätte überflüssig?“, in Stuttgarter Nachrichten vom 26.11.2022