Aufbruch Stuttgart e. V. – die unabhängige Bürgerbewegung für die Stadt der Zukunft – für eine Stadt, von der wir träumen.

Blog

DIE B14 UND DAS TEILPROJEKT HAUS FÜR FILM UND MEDIEN (HFM) UND MOBILITY HUB (PARKHAUS BREUNINGER)

Ein bürgerschaftliches Beteiligungsprojekt des Vereins Aufbruch Stuttgart e. V.

Unser Selbstverständnis

Aufbruch Stuttgart hat sich vor mehr als 5 Jahren dazu entschlossen, bürgerschaftliches Mitwirken in den Bereichen Kunst, Kultur, Umwelt und Naturschutz aktiv mit zu gestalten. So war nur selbstverständlich, dass der Verein sich auch bei der Planung Umgestaltung des Stadtraumes B14 mit einbrachte.

Ausgangslage und Chronologie

Mit Datum vom 16.12.2022 wurde von der Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) der Bebauungsplanentwurf Hauptstätter/Esslinger Strasse ausgelegt (Bild 1) und die Öffentlichkeit zur Stellungnahme bis 30.1.2023 gemäß §3 Baugesetzbuch aufgefordert Inhalt dieses Entwurfes ist der Abriss des heutigen Parkhauses Breuninger und stattdessen der Neubau eines sogernannten Mobility Hubs sowie des Hauses für Film und Medien (HFM) neben der Leonhardskiche an der B14.

Bild 1: Bebauungsplanentwurf HFM und Mobility Hub

Grundlage für den Bebauungsplanentwurf waren mehrere vorab durchgeführte Planungswettbewerbe:

Städtebauwettbewerb „Neuer Stadtraum B14“ im Jahr 2019; Gewinner asp Architekten Stuttgart mit Köber Landschaftsarchitektur. Wie im Bild 2 gezeigt, zeichnet sich diese Planung im Bereich des Leonhardsplatzes wie folgt aus:

• die B14 wird zukünftig ausschließlich oberirdisch geführt

• die Anzahl der Fahrspuren wird auf maximal 3 reduziert

• gegenüber der Leonhardskirche entsteht ein neues Kulturquartier ohne Mobility Hub

• die Baukante der Neubauten rückt bis zur geplanten Kante der Hauptstätter Straße vor

Bild 2: asp-Entwurf „Neuer Stadtraum B14“ im Bereich Leonhardsplatz

B14 Stuttgart

Bild 3: Wettbewerbsentwurf HFM und Mobility Hub, Ansicht Hauptstätter Straße

Die Firma Breuninger führte in Abstimmung mit der LHS im Jahre 2020 einen beschränkten Realisierungswettbewerb zum Breuninger Parkhaus – dem Mobility Hub – und dem Haus für Film und Medien durch. Als Gewinner wurden am 18.12.2020 die Architekten haascockzemmrich Stuttgart gekürt (Bild 3).

Der haascockzemmrich-Entwurf zeichnet sich wie folgt aus:

• Ein durchgehendes Sockelgeschoß entlang der bisherigen Baugrenze an der Hauptstätter Straße

• Die Höhe der drei Baukörper zusammen mit dem Sockelgeschoß schwankt zwischen ca. 18 m und 27 m

• Dieser Entwurf berücksichtigt die planerische Konzeption des asp-Entwurfes für den Neuen Stadtraum B14 nicht

Da die LHS zwischenzeitlich den asp-Entwurf als Zielplanung für die Neuordnung der neuen Quartierkante betrachtete, wurde eine Überarbeitung dieser Pläne und gleichzeitig ein Realisierungswettbewerb für das HFM durchgeführt. Als Randbedingungen wurden entsprechend Bild 4 festgelegt:

• Die Obergeschosse der Neubauten dürfen entlang der Hauptstätter Straße um 3 m auskragen, falls darunter eine lichte Höhe von 4,7 m freigehalten wird;

• Das durchgehende Sockelgeschoß entfällt, so dass das HFM als eigenständiger Baukörper ausgeführt und die Wagnerstraße bis zur Hauptstätter Straße geführt werden kann.

Bild 4: Randbedingungen für Mobility Hub und HFM-Realisierungswettbewerb

Am 2. Februar 2022 trat die Jury zum HFM-Realisierungswettbewerb zusammen und kürte Delugan Meissl Associated Architects Wien, mit Wenzel+Wenzel, Karlsruhe zum Sieger. Jurymitglied Hochbauamtsleiter Peter Holzer: „Der Bau des Hauses für Film und Medien bildet den Auftakt zum geplanten Rückbau der Stadtautobahn B14 und soll Anfang 2027 eröffnet werden.“

Bild 5: HFM-Entwurf Delugan und Meissl Wien

Aufbruch Stuttgart hatte bereits mit Schreiben vom 27.1.2022 und 16.2.2022 zum laufenden Verfahren Bebauungsplanentwurf Hauptstätter/Esslinger Straße Stellung bezogen und insbesondere folgende Bedenken und Vorschläge vorgetragen:

• Insgesamt zu großes Bauvolumen – Geschoßflächenzahl ca. 7 während im Baunutzungsverzeichnis dieser Wert auf 3 begrenzt ist)

• Eine städtebauliche Verbindung zwischen Leonhardsviertel und Innenstadt gelingt nicht, da die Körnung der bestehenden Bebauung nicht oder nur unzureichend aufgenommen wurde

• Trotz Überarbeitung gelingt eine Anpassung an die Zielplanung „Neuer Stadtraum B14“ nicht bzw. nur sehr unbefriedigend

Umgang der Verwaltung mit den Stellungnahmen wesentlicher Behörden sowie den Anregungen von Aufbruch Stuttgart

Die LHS legte den Bebauungsplanentwurf gemäß §4 des Baugesetzbuches (BauGB) allen Trägern öffentlicher Belange im Jahr 2022 zur Stellungnahme vor. Im Rahmen dieses Verfahrens konnte sich Aufbruch Stuttgart mit dem erwähnten Schreiben vom 27.1.2022 ebenfalls einbringen. Mit dem nun offiziell ausgelegten Bebauungsplanentwurf nach §3 BauGB veröffentlichte die LHS auch alle bisherigen Stellungnahmen und Anregungen von Behörden und Institutionen jeweils verbunden mit ergänzenden Entscheidungen der Verwaltung.

Diese sehr umfangreiche Dokumentation kann unter https://www.stuttgart.de/leben/stadtentwicklung/oeffentlichkeitsbeteiligung/planauslage/ (Stgt317) eingesehen und heruntergeladen werden.

Fazit und Ausblick zur bürgerschaftlichen Beteiligung durch Aufbruch Stuttgart

Es ergibt sich die grundsätzliche Frage: Ist ein Mobility Hub dieser Größenordnung sinnvollerweise in derart zentraler Lage in der Innenstadt anzusiedeln? Wäre es im Hinblick auf Nachhaltigkeit und die zukünftige Transformation der Mobilität nicht angebracht solche Bauwerke an der Peripherie, z. B. in den Industriegebieten von Stuttgart-Vaihingen oder Stuttgart-Feuerbach zu realisieren? Ein Umstieg vom motorisierten Individualverkehr auf den öffentlichen Verkehr wird dadurch gefördert.

Solche Überlegungen wären bei entsprechendem Engagement und durch unsere bürgerschaftliche Beteiligung schon früher aufgetreten, zumal sie doch sehr berechtigt und vorausschauend sind.  Bleibt zu hoffen, dass in Zukunft die Bürger möglichst in frühen Planungs- und Abstimmungsphasen eingebunden werden.

Für eine Stadt, von der wir träumen

Januar 2023

DER BÜRGERHAUSHALT 2023 IST GESTARTET!

Machen Sie mit, jetzt gilt es, denn jede Stimme zählt! Für eine lebens- und liebenswerte Stadt Stuttgart!

In der Broschüre https://www.buergerhaushalt-stuttgart.de/d/broschuere_2023_0.pdf erfahren Sie, wie es geht.

Es ist alles ganz einfach: Registrieren Sie sich mit Ihrem Namen oder mit einem Pseudonym Ihrer Wahl unter https://www.buergerhaushalt-stuttgart.de/. In einem ersten Schritt können noch bis zum 5. Februar 2023 Vorschläge eingeben werden. Danach können Sie vom 16. Februar bis 8. März 2023 die Beiträge bewerten und mitbestimmen. Die am besten bewerteten 100 Vorschläge werden schließlich dem Gemeinderat zur Entscheidung vorgelegt.

Alle zwei Jahre seit 2011 (parallel zum Doppelhaushalt der Stadt) wird der Bürgerhaushalt in Stuttgart durchgeführt. Es ist eines der erfolgreichsten Bürgerbeteiligungsverfahren. Beim sechsten Bürgerhaushalt in 2021 gaben 19.980 Einwohnerinnen und Einwohner insgesamt 2.853 Vorschläge zu vielen Aufgabenbereichen der Landeshauptstadt ab und bewerteten diese mit mehr als 1,3 Millionen Stimmen, erfährt man in der Broschüre. Registrieren kann sich jede/jeder, egal welchen Alters, Voraussetzung ist lediglich ein Wohnsitz in Stuttgart. Wer online nicht abstimmen kann, kann es in Ausnahmefällen telefonisch machen, bzw. es gibt in den Bezirksämtern auch Formulare dafür. Damit auch kleinere Bezirke eine Chance haben, werden immer die zwei am höchsten bewerteten Vorschläge aus dem Bezirk in die ersten 100 mit aufgenommen, d.h. bei 23 Bezirken insgesamt 46 Vorschläge.

Über die 100 am besten bewerteten Vorschläge stimmt dann der Gemeinderat ab. Nicht alle werden realisiert! Erfolgreiche Beispiele aus der Vergangenheit: 2017, Platz 14: Umgestaltung Kelterplatz Hofen, Kosten 2,8 Mio. €, 2019, Platz 27: Kaffeebecher Mehrwegsystem, 2011, Platz 1: Sillenbucher Bädle, generalsaniert, Einweihung Sommer 2013. Jedoch ist selbst ein Platz unter den ersten 10 noch keine Garantie!

Die neue Schul- und Mehrzweckhalle für Schulen und den TSV 1898 Uhlbach e. V. stand 2013 auf Platz 4 des Bürgerhaushalts, 2015 machte er Platz 6. Im November 2018 wurde die Halle schließlich nach zwei Jahren Bauzeit eröffnet. Es gibt auch Vorschläge, die trotz des vorderen Platzes gekippt werden, wie die berühmte Neckarwelle (das Wasser des Neckars ist zu schmutzig für Badende). Oder der Wunsch nach der Neckarinsel, der 2021 auf Platz 3 landete. Der Gemeinderat hat diesbezüglich keinen Entschluss gefasst, kein Geld bereitgestellt. Wenn der Vorschlag/die Vorschläge von AUFBRUCH Stuttgart in der Bewertungsphase des Bürgerhaushalts sichtbar werden, müssen so viel positive Bewertungen wie möglich abgegeben werden. Jetzt gilt es, alle Mitglieder, Freunde, Sympathisanten zu mobilisieren, sich zu registrieren und hren „Daumen hoch“ einzugeben. Gleichzeitig gilt es, konkurrierende Vorschläge zu beobachten!

In der Vergangenheit waren die Projekte am erfolgreichsten, die von einem oder mehreren Vereinen, von Schulgemeinden etc. unterstützt wurden. Es ist immer gut, wenn man die Nachbarn überzeugt. Dazu wäre es optimal, den Fußballverein, den Tennis- oder Skatclub zu überzeugen. AUFBRUCH Stuttgart – für eine lebens- und liebenswerte Stadt!

Skyline von Stuttgart: Chris Hortsch, Grafik: Thilo Rothacker, Rechte: Landeshauptstadt Stuttgart

AUFGETAUCHT! ORTE UND LEBENSRAUM FÜR STUTTGART

Neuer Stadtraum B14

Präsentation von asp Architekten & Koeber Landschaftsarchitektur am 7. Dezember 2022 bei dem öffentlichen Podiumsgespräch „Stadtleben versus Stadtautobahn“
1933 Charta von Athen . 1954 Leitsätze des Deutschen Städtetags . 1959 Die autogerechte Stadt, ein Weg aus dem Verkehrschaos

Die autogerechte Planung hat Städte unattraktiv gemacht und zu strukturell getrennten Fragmenten auf Quartiersebene geführt. Zertrennte Nachbarschaften und Netzwerke sind die Folge. Wie kann es weitergehen? Verzahnung der Projektebenen Bedarfe Stadtraum Verkehr.

Hier sehen Sie die vollständige Präsentation

„DRINNEN IST ANDERS ALS DRAUSSEN“ BUCHVORSTELLUNG AM 14. JANUAR 2023

„Drinnen ist anders als draußen“
Buchvorstellung: Texte von Arno Lederer über Architektur und Städtebau

Arno Lederer ist ein Architekt, der von sich selbst sagt, er sei „ein Liebhaber der Theorie“. In manchen Ohren klingen „Theorie“ und „grau“ wie Synonyme, aber wer je einen Vortrag von Arno Lederer gehört hat, weiß wie geistreich, witzig und anschaulich er über Architektur und Städtebau nachzudenken vermag. Im dritten Beruf, könnte man daher sagen, ist er ein gefragter Vortragsredner und Autor – neben seinen Tätigkeiten als Architekt und (bis vor einigen Jahren) Hochschullehrer.

Nun erscheint ein Buch, das Aufsätze, Essays und Vorträge des Architekten aus zwanzig Jahren versammelt: „Drinnen ist anders als draußen“. In dieser Überschrift deutet sich schon an, dass Lederer zahlreiche Dogmen der Moderne zerpflückt, etwa deren „monogames Verhältnis zum Licht“. Dunkel? Hat die Moderne abgeschafft. Der Autor hält das für einen Verlust und gibt der Dunkelheit in der Architektur wieder Raum („drinnen ist anders als draußen“). Andere Texte beschäftigen sich mit dem Vorgang des Entwerfens, mit Materialien, mit dem Beruf des Architekten, mit der Stadt und ihren Räumen. Selbst zwei Architekturmärchen haben Eingang in diese Sammlung gefunden.

Am Samstag, 14. Januar, findet im Hospitalhof die Präsentation des Buches statt, musikalisch umrahmt vom Notos Quartett und moderiert von Amber Sayah. Beginn der Veranstaltung ist um 14 Uhr.

Informationen des Verlags

„STADTLEBEN VERSUS STADTAUTOBAHN“ AM 7. DEZEMBER 2022

Öffentliches Podiumsgespräch mit asp Architekten, Koeber Landschaftsarchitektur und dem Bürgermeister für Städtebau, Wohnen und Umwelt, Peter Pätzold am 7. Dezember 2022

Veranstaltungsort:
Evangelisches Bildungszentrum Hospitalhof Stuttgart
Büchsenstraße 33
70174 Stuttgart
Mittwoch, 7. Dezember 2022, 19:00 Uhr

Das Verbessern der Aufenthaltsqualität im Kulturquartier unserer Stadt und der Anziehungskraft der dort befindlichen Institutionen ist eines der großen Anliegen unseres Vereins. Haben doch bereits die Ergebnisse unserer Workshops „Aufbruch Kulturquartier“ und „Aufbruch Verkehrswende“ in die Ausschreibung „Neuer Stadtraum B14“ Eingang gefunden.

Diesen Faden spinnen wir in der öffentlichen Podiumsveranstaltung „Stadtleben versus Stadtautobahn“ weiter. Dabei stellen wir, gemeinsam mit asp Architekten, noch einmal das Wettbewerbsergebnis vor.

Dem Bürgermeister Städtebau, Wohnen und Umwelt, Peter Pätzold, bieten wir das Forum, auf Fragen aller Besucher nach dem aktuellen Stand der Dinge einzugehen.

Stimmen aus der Politik

Oberbürgermeister Fritz Kuhn am 16. September 2020: „… Der Siegerentwurf ist visionär und ein Grundstein für die Stadtentwicklung. Diese etwa vier Kilometer zwischen Marienplatz und Schwanenplatztunnel sind bedeutsam für die gesamte Stadt. Jetzt soll diese Schneise, eine Art Stadtautobahn, zu einer normalen Stadtstraße werden. Das schafft mehr Raum für Radler und Fußgänger. So steigern wir die Qualität des Öffentlichen Raums, schaffen Aufenthaltsqualität und tragen zur Überwindung der Dominanz des Autoverkehrs bei. …“

Bürgermeister für Städtebau, Umwelt und Wohnen, Peter Pätzold an demselben Tag: „… Der Entwurf hat die Jury überzeugt. Wir werden diesen Entwurf nun schrittweise umsetzen. Dazu werden wir Gespräche mit den Architekten und den Verkehrsplanern aufnehmen. Ich freue mich, dass sich ein Stuttgarter Büro durchgesetzt hat. asp/Koeber haben einfach ein gutes Auge für die Stadt. …“

Worte der Jury

Ebenfalls am 16. September 2020: „… Es ist vorgesehen, als nächsten Schritt – ab 2022 – eine Machbarkeitsstudie zu vergeben, die auch erste Umsetzungsmöglichkeiten aufzeigen soll. Die Vergabe ist noch nicht erfolgt, es soll aber bis zur Sommerpause einen Bericht in den politischen Gremien geben, der den Planungsstand und die weitere Vorgehensweise bei diesem sehr umfangreichen Projekt aufzeigen soll. …“

Interessant: ein Thema, derselbe Autor!

Presseartikel, Stuttgarter Nachrichten vom 20.12.2022

Presseartikel, Stuttgarter Nachrichten vom 21.12.2022

Stuttgart B14

 

 

Schnitt Österreichischer Platz / © asp Architekten und koeber Landschaftsarchitekten

Österreichischer Platz

 

Ansicht Österreichischer Platz / © asp Architekten und koeber Landschaftsarchitekten

Stuttgart Willhelmsplatz

Schnitt Willhelmsplatz / © asp Architekten und koeber Landschaftsarchitekten

Leonhardsplatz

Ansicht Leonhardsplatz / © asp Architekten und koeber Landschaftsarchitekten

Charlottenplatz

Schnitt Charlottenplatz / © asp Architekten und koeber Landschaftsarchitekten

Kulturmeile Stuttgart

Schnitt Kulturmeile / © asp Architekten und koeber Landschaftsarchitekten

Gerhard-Müller-Platz / © asp Architekten und koeber Landschaftsarchitekten

Schnitt Stöckach / © asp Architekten und koeber Landschaftsarchitekten

 

OPERNSANIERUNG – Ja, aber billiger und besser! Mehr über den Abend

Veranstaltung von Aufbruch Stuttgart e. V. und Schwäbischem Heimatbund e. V. im Haus der Architekten am 24. November 2022

Es gibt vielfältige Kritik an der geplanten Sanierung des Stuttgarter Opernhauses. Sie richtet sich sowohl gegen die hohen Kosten des Projektes als auch gegen die Form der Bürgerbeteiligung und insbesondere auch gegen die Zerstörung des Littmann-Baus durch den Einbau einer Kreuzbühne.

Aus diesen Gründen haben Aufbruch Stuttgart e. V. und Schwäbischer Heimatbund e. V.  am 24. November 2022 gemeinsam zu einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung im Haus der Architekten eingeladen. Vortragsredner waren Eike Möller, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg e. V., und der Architekt und Experte für die Sanierung wertvoller historischer Bausubstanz, Ludwig Coulin.

Bürgerbeteiligung/Kosten

Der Bund der Steuerzahler kritisiert ebenso wie einige andere Stimmen (etwa der Hauseigentümerverein Haus und Grund) das Votum des Opern-Bürgerforums als nicht repräsentativ. Die 56 Zufallsbürger, die für das Verfahren ausgewählt wurden, bildeten keine solide Grundlage für solch ein Votum, zumal sich die wirtschaftliche Lage seit dem Abschlussbericht des Forums im Dezember 2020 fundamental verändert habe.

Der Bund der Steuerzahler Baden-Württemberg hat eine Civey-Umfrage unter 2000 Teilnehmern durchgeführt, die das Projekt überwiegend als überteuert bewerteten.

In der Diskussion wurde von einigen Besuchern die Seriosität der Civey-Erhebung bezweifelt, da diese ausschließlich online durchgeführt würde. Kritisiert wurden die Fragen auch als „suggestiv“, da die Teilnehmer die Höhe der Sanierungskosten von rund 1 Milliarde Euro bewerten sollten. Eike Möller bezeichnete die Umfrage als bewährtes Online-Instrument für Meinungs- und Marktforschung. Er ist überzeugt, dass das Ergebnis auch bei Umfragen anderer Institute ähnlich ausgefallen wäre.

Sanierung

Ludwig Coulin ist einer der besten Kenner des Stuttgarter Opernhauses und einer der versiertesten Praktiker im Umgang mit und der Sanierung herausragender Baudenkmale. Von 1979 bis 1994 war er in der Staatlichen Hochbauverwaltung Baden-Württemberg tätig, zuletzt als stellvertretender Amtsleiter des Staatlichen Hochbauamts Stuttgart I. Zuständig war er damals für die Leitung aller Planungen und Baumaßnahmen für die Württembergischen Staatstheater Stuttgart. Die Instandsetzung und Restaurierung des Stuttgarter Opernhauses von 1983/84, bei der die Originalausstattung der Innenräume von Max Littmann wiederhergestellt wurde, begleitete er als Architekt auf der Seite des Bauherrn. Von 1994 bis 2017 war Ludwig Coulin der höchste Baubeamte für die staatlichen Hochbauten in Dresden und Umgebung, zuständig für die Sanierungen der Dresdner Semperoper und des Staatsschauspiels, für die Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie für den Wiederaufbau des Residenzschlosses, der Hofkirche und des Zwingers in Dresden.

Coulin ist der Meinung, dass eine grundlegende Sanierung des Stuttgarter Opernhauses im Bestand und bei laufendem Betrieb möglich sei. Zwingend sei eine akribische, rund zweijährige Planung, Baubeginn könne dann 2025/26 sein. Noch in diesem Jahrzehnt kann die Oper im rundum sanierten Littmann-Bau und einem neuen, erweiterten Werkstatt-/Kulissengebäude ihren regulären Spielbetrieb seiner Ansicht nach wieder aufnehmen.

Ausdrücklich warnte der Architekt vor dem Einbau einer sogenannten Kreuzbühne. Die Gegebenheiten in Stuttgart ließen eine echte Kreuzbühne nicht zu, da die Anlieferung der Kulissen auch in Zukunft nur von einer Seite erfolgen könne. Coulin hält die Kreuzbühne für eine „Ausrede“. Die geplante Versetzung der südlichen Fassade zugunsten der Kreuzbühne werde das Baudenkmal, das der frühere baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth mit einem Zitat der Theaterlegende Max Reinhardt als das „schönste Theater der Welt“ bezeichnete, aber unwiederbringlich zerstören.

In der Diskussion gab es Befürworter der bisherigen Planung, die einen Auszug des Spielbetriebs und eine Interimsspielstätte bei den Wagenhallen vorsieht. Wenig Probleme haben diese Befürworter auch mit dem Abbruch des Risalits auf der Landtagsseite und der dahinter liegenden Räume zugunsten einer Kreuzbühne. Eine Mehrheit sah den Umgang mit dem Baudenkmal dagegen skeptisch. Die Bedürfnisse der Oper und des Balletts würden gegen die in hohem Maß schützenswerte Architektur des Littmann-Baus ausgespielt.

Martin Rivoir, Landtagsabgeordneter der SPD und Mitglied des Verwaltungsrats der Staatstheater Stuttgart, erklärte, die Politik habe die richtigen Beschlüsse für die Sanierung des Opernhauses gefasst. Die Versetzung des südlichen Mittelrisalits um sechs Meter Richtung Landtag betrachtet Rivoir als unproblematisch. Die historische Fassade bleibe erhalten, man werde nach dem Umbau keinen Unterschied zum heutigen Zustand erkennen.

Widersprüche

Offenbar kursieren unterschiedliche Zahlen um die Erweiterung des Littmann-Baus. Martin Rivoir spricht von einer Versetzung der Fassade um sechs Meter, die Zufallsbürger gehen von einer Verschiebung um 2,5 Meter aus (Interview in der StZ vom 26. 11. 2022). Man muss daher fragen, ob die Zustimmung des Opern-Bürgerforums zu den geplanten Eingriffen auf korrekten Informationen beruht oder ob die Planung von ganz anderen Zahlen ausgeht. Die Ergebnisse der Zufallsbürger-Beteiligung wären in einem solchen Fall unhaltbar.

Zu vernehmen ist auch, dass Viktor Schoner, der Stuttgarter Opernintendant, der am 24. November im Haus der Architekten anwesend war, sich aber nicht zu Wort gemeldet hat, in inoffiziellen Bemerkungen die Kreuzbühne für verzichtbar hält.

Sanierung ja – aber billiger und besser!

Abschließend bekannten sich sowohl der Schwäbische Heimatbund als auch Aufbruch Stuttgart ebenso wie der Bund der Steuerzahler zur Sanierung der Oper. Diese sei dringend erforderlich und so bald wie möglich in Angriff zu nehmen. Die Vereine setzen sich weiterhin für eine Sanierung ein, die den Belangen des Spielbetriebs gerecht wird, ohne das Baudenkmal Littmann-Bau durch irreversible Eingriffe zu zerstören und die Kosten in Milliardenhöhe zu treiben.

 

Links:

Begrüßungsrede von Albrecht Rittmann

Kurzvortrag von Eike Möller, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg

„Sind Kreuzbühne und Zwischenspielstätte überflüssig?“, in Stuttgarter Nachrichten vom 26.11.2022

OPERNSANIERUNG – JA, ABER BILLIGER UND BESSER! AM 24. NOVEMBER 2022

Aufbruch Stuttgart beschäftigt sich seit geraumer Zeit im Rahmen seiner Aktivitäten mit dem Kulturquartier der Landeshauptstadt. Dazu gehört das Sanieren des Littmann-Baus, zu dem wir uns bereits früher öffentlich geäußert haben. Inzwischen haben sich viele Faktoren aus verschiedensten Umständen heraus verändert. Wir greifen dies auf und behandeln es aktuell erneut:

OPERNSANIERUNG – JA, ABER BILLIGER UND BESSER!
Milliardenteure Sanierung, Zerstörung des Baudenkmals, Interimsbau auf Abriss. All das soll alternativlos sein?

Öffentliches Podiumsgespräch über Legitimation, Kosten, Planung, Perspektiven

Aufbruch Stuttgart e. V. zusammen mit Schwäbischer Heimatbund e. V.

Veranstaltungsort:
FORUM Haus der Architektinnen und Architekten
Danneckerstraße 54
70182 Stuttgart
Donnerstag, 24. November 2022, 19:00 Uhr

Abbildungen: reproduzierte Originalzeichnungen von Max Littmann, enthalten in der Mappe der Edition Domberger, kein Erscheinungsjahr.

FÜR EIN GLÜCKLICHERES STUTTGART

Matthias Alexander schrieb am 23.01.2021 in der FAZ – Zitat: „Seit Jahrzehnten wird in der Stadt darüber debattiert, wie sich der Jahrhundertfehler aus dem Geist der autogerechten Stadt retten lässt, der manchem wie die gerechte Strafe für die Autobauerstadt schlechthin erscheint. Schon der geniale James Stirling, Architekt der Neuen Staatsgalerie, legte seinem Entwurf die Zusage zugrunde, dass der fertige Bau an einem Boulevard statt an einer Autobahn stehen werde. 1974 war das. Geschehen ist seither nichts, stattdessen schwollen die Pendlerströme an. Frustriert von der Tatenlosigkeit der Politik, gründete sich im Jahr 2017 die Bürgerinitiative Aufbruch Stuttgart, Arno Lederer gehört zum engen Kreis um den Gründer Wieland Backes, einem früheren Fernsehmoderator. Ihr Ziel, die Kulturmeile aufzuwerten, stieß auf enorme Resonanz. Getragen vom Erfolg und provoziert von der anhaltenden Indifferenz der Politik, weitete die Initiative ihren Anspruch auf Mitsprache weiter aus, teils mit Erfolg. Dass inzwischen ein Wettbewerb zur Neugestaltung der B 14 entschieden wurde, ist ihrem Wirken zu verdanken.“

Titelfoto: © Bernd Sturm

OPER STUTTGART BÜRGERBETEILIGUNG BIS AUF WEITERES VERSCHOBEN

BÜRGERBETEILIGUNG BIS AUF WEITERES VERSCHOBEN

Nach einer intensiven Diskussion über die Ausrichtung des Bürgerbeteiligungsverfahrens und des für den 6. und 13. März 2020 geplanten Bürgerforums mit 40 Zufallsbürgern wurden die Termine jetzt auf unbestimmte Zeit verschoben. Als Gründe wurden Absagen infolge der Corona-Krise angegeben.

Nachdem ein kurzfristiger Ersatztermin bis jetzt noch nicht gefunden wurde, geht die Initiative davon aus, dass auch die geplanten weiteren Entscheidungsschritte zur Opernsanierung bis zum Abschluss der Bürgerbeteiligung ausgesetzt werden. Das betrifft sowohl den Termin für die nächste, für den Mai 2020 geplante, Sitzung des Verwaltungsrates der Staatstheater, als auch für Entscheidungen des Stuttgarter Gemeinderates und des baden-württembergischen Landtags. Dies wäre ein Signal, dass Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg wirklich ernst genommen wird.

Außerdem bietet die Verschiebung die Chance, das Beteiligungsverfahren in der Zwischenzeit grundlegend zu verbessern. “Aufbruch Stuttgart“ hat in den vergangenen Wochen viele kritische Punkte beim geplanten Bürgerforum moniert und von Seiten der Wissenschaft Unterstützung dafür bekommen. So ist die Zahl von 40 ausgewählten Zufallsbürgern für einen verlässlichen Aussagewert wenig geeignet, die Auswahl der Kandidaten aus Telefonverzeichnissen methodisch fragwürdig.

Die Initiative, die selbst als Akteur mit einem 10-Minuten-Beitrag am Bürgerforum mitwirken sollte, sah sich mit ihrem Konzept zur Opernsanierung einer zahlenmäßig erdrückenden Übermacht von Meinungsgegnern ausgesetzt, die jedes Gefühl für Ausgewogenheit und Fairness vermissen ließ.

Auch bei der Wahl des ursprünglichen – aber dem Virus zum Opfer gefallenen – Veranstaltungsortes im Staatstheater blieb die gebotene Neutralität auf der Strecke. Eine Regierung, die die „Politik des Gehörtwerdens“ auf ihre Fahnen geschrieben hat, sollte den Mut haben, die Unabhängigkeit und Entscheidungsoffenheit der Bürgerbeteiligung zu garantieren. „Aufbruch Stuttgart“ bietet an, in einem gemeinsamen Workshop mit Stadt und Land, die Basis dafür zu schaffen.

HEIßES EISEN OPERNSANIERUNG – IST EINE MILLIARDE VERTRETBAR? IN DER BÜRGERBETEILIGUNG KOMMT JETZT DIE STUNDE DER WAHRHEIT

Wie ergebnisoffen ist die in Gang gesetzte Bürgerbeteiligung zur Frage der Milliardeninvestition in die Sanierung der Stuttgarter Oper? Können die Vorentscheidungen des Verwaltungsrates der Staatstheater überhaupt noch in Frage gestellt werden? Wie bereit sind Stadt und Land, sich auf die kostensparenden und mehrwertbringenden Alternativvorschläge von „Aufbruch Stuttgart“ einzulassen und sie einer unabhängigen vergleichenden Prüfung zu unterziehen?

Sehr spät, erst Mitte Dezember 2019, hat das Land sein Beteiligungsportal für eine Online-Befragung zu Fragen der Opernsanierung geöffnet. Offenbar war zunächst geplant, das Verfahren mit einer Auswertung der Online-Kommentare ohne weitere Beteiligungsschritte bereits wieder abzuschließen. Jetzt soll für den 6. März 2020 ein Bürgerforum mit 50 eingeladenen „Zufallsbürgern“ aus Stuttgart, der Region und dem Land einberufen werden. Für die Meinungsbildung relevante Akteure werden in Fachvorträgen die Sachlage und ihre jeweilige Position vortragen. Das Resultat der Meinungsbildung wird den entscheidenden Gremien vorgelegt. Dabei ist eines klar: Von einer fairen und sachgerechten Auswahl der eingeladenen Akteure wird die Qualität des Ergebnisses in hohem Maße abhängen. Angesichts seines schon Jahre anhaltenden Engagements und der erworbenen Fachkompetenz setzt „Aufbruch Stuttgart“ auf eine angemessene Beteiligung und auf eine transparente Auswahl der weiteren Akteure. Wir brauchen eine Bürgerbeteiligung, die diesen Namen verdient.